Was ist barrierefreies Webdesign?
Öffentliche Stellen in Deutschland sind verpflichtet, ihre Webseiten und digitalen Angebote barrierefrei zugänglich zu machen, um allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) regelt die Anforderungen an die Barrierefreiheit von digitalen Inhalten öffentlicher Stellen in Deutschland.
Das barrierefreie Webdesign zielt darauf ab, die Hindernisse zu minimieren, die die Nutzung von Websites für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen erschweren oder unmöglich machen können.
Einfach ausgedrückt, die Webinhalte können unabhängig von:
- kognitiven oder körperlichen Einschränkungen
- der jeweiligen Auffassungsgabe
- der jeweiligen Methodik
- dem genutzten Gerät
- dem Betriebssystem
- der Software
vom User dargestellt und genutzt werden.
Die digitale Barrierefreiheit ist notwendig, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen von digitalen Technologien und Inhalten profitieren können.
Was müssen Webredakteure nach BITV beachten?
BITV steht für "Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung" und ist die deutsche Umsetzung der europäischen Richtlinie "Web Accessibility Directive". Die Verordnung legt fest, welche Anforderungen an die Barrierefreiheit von öffentlichen Websites und mobilen Anwendungen in Deutschland erfüllt werden müssen.
Webredakteure sind für die Erstellung und Verwaltung von Inhalten auf Websites verantwortlich und spielen daher eine wichtige Rolle bei der Einhaltung der BITV. Sind die barrierefreien technischen Voraussetzungen geschaffen, stellen Redakteure sicher, dass eine Website auch langfristig barrierefrei bleibt. Rund ein Drittel der Anforderungen aus BITV bzw. WCAG beziehen sich die barrierefreie Pflege der Webinhalte.
Hier sind einige Dinge, die Webredakteure nach BITV beachten müssen:
Alle Bilder sollten mit Alternativtexten versehen werden, die eine genaue Beschreibung des Bildes für Nutzer mit Sehbehinderungen bereitstellt. Der Alternativtext macht den Inhalt und die Funktion von Grafiken für seheingeschränkte Menschen zugänglich, da er beispielsweise von einem Screenreader vorgelesen werden kann.
Wie wird das umgesetzt?
Im Editor des Content Management Systems (CMS) gibt ein Eingabefeld, das die Bezeichnung „Alternativer Text“ oder „Alternativtext“ trägt. Nutzen Sie dieses Feld, um das Bild mit Worten zu beschreiben.
Achtung: Verwechseln Sie nicht den Alt-Attribute mit dem Title-Attribut. Das Title-Attribut wird für ergänzende Informationen eingesetzt, die angezeigt werden, wenn man mit dem Mauszeiger auf dem Bild stehenbleibt. Diese sind auch für Sehende relevant und ersetzen nicht den Alt-Attribute.
Webredakteure müssen auch sicherstellen, dass Videos und Audioinhalte auf der Website barrierefrei sind und den Anforderungen der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) entsprechen.
Sie sollten darauf achten, dass Videos Untertitel haben und Audio-Inhalte durch Transkriptionen zugänglich gemacht werden, damit Nutzer mit Hörbeeinträchtigungen die Inhalte verstehen können. Untertitel sollten auch eine angemessene Kontrastfarbe haben, um für alle Nutzer gut sichtbar zu sein.
Für Nutzer mit Seheinschränkungen sind Audiobeschreibungen von Videos und Filmen wichtig, damit sie die visuellen Inhalte besser verstehen können. Die Audiobeschreibungen sollten eine präzise Beschreibung der visuellen Inhalte bieten. Man sollten darauf achten, textliche Inhalte, die im Video selbst angezeigt werden, nicht bei der Beschreibung zu vergessen.
Wie wird das umgesetzt?
Sie haben die Möglichkeit Ihren Video- oder Audioproduzenten für geeignete Alternativen zu beauftragen, einen professionellen Dienstleister einzubinden oder eine eigene Alternative zu schaffen.
Menschen, die eine visuelle Struktur einer Website nicht wahrnehmen können, weil sie beispielsweise eine Sehbeeinträchtigung haben, sind auf Screenreader angewiesen, um im Web zu navigieren.
Da sie Überschriften, Absätze, Tabellen oder Listen visuell nicht erfassen können, muss die Webseite alternativ durch entsprechende HTML-Tags semantisch einwandfrei strukturiert werden.
Wenn der Inhalt korrekt getaggt ist, können Screenreader-Benutzer diese Struktur interpretieren.
Wie wird das umgesetzt?
Die Textinhalte sollten mithilfe von HTML-Elementen klar strukturiert sein. In der Regel müssen Web-Redakteure jedoch kein HTML eingeben, da der Editor des Content Management Systems (CMS) über Schaltflächen verfügt, die die HTLM-Syntax automatisiert hinterlegt. Textelemente wie Überschriften können mit den entsprechenden Schaltflächen markiert und gekennzeichnet werden. Falls Ihr Editor eine bestimmte Funktion nicht unterstützt, können Sie die entsprechenden HTML-Tags in der HTML-Ansicht des Editors jedoch selbst eintragen.
Folgende Textinhalte werden unterschieden und müssen durch HTML-Tags strukturiert werden:
- Überschriften
Syntax: <h1>…</h1>
- Absätze
Syntax: <p>…</p>
- Listen
Syntax: <ul>…</ul> oder Syntax: <ol>…</ol>
- Zitate
Syntax: <blockquote>…</blockquote>
- Fremdsprachiger Text
Syntax: <span lang=„en“>…</span>
- Tabellen
Syntax Überschrift: <th>…</th>
Syntax Zelle:<td>…</td>
- …
Sehbehinderte oder blinde Menschen nutzen häufig Links, um von Seite zu Seite zu wechseln. Wenn Ihre Linktexte also aussagekräftig sind, können Nutzer leicht entscheiden, ob sie dem Link folgen möchten oder nicht. Screenreader haben auch die Möglichkeit, alle Links auf der Seite aufzulisten. Dies erleichtert Usern den Überblick.
Wie wird das umgesetzt?
Sollten Sie in Ihrem Editor des Content Management Systems (CMS) nicht direkt die Möglichkeit haben, einen Link inkl. Linktext zu integrieren, können Sie in der HTML-Ansicht des Editors einen HTML-Code eingeben, um auf die gewünschte Seite zu verweisen.
- Linkziel: Die Seite, zu der der Link führen soll
- Linktext: Der Text, der als Link angezeigt wird
- So sieht der vollständigen HTML-Code aus: <a href="Linkziel">Linktext</a>
Hier ist es wichtig, dass die Angabe der Zielseite in Anführungszeichen gefasst ist, der Linktext aber nicht.
Dokumente, die auf der Website bereitgestellt werden, wie PDFs oder andere Dateitypen, sollten barrierefrei gestaltet sein, damit sie von Nutzern mit unterschiedlichen Fähigkeiten gelesen werden können. Das bedeutet, dass die Dokumente z.B. eine geeignete Lese-Reihenfolge und Alternativtexte für Bilder enthalten sollten.
Wie wird das umgesetzt?
Grundsätzlich sollten Sie darauf achten, dass angebotene Dokumente barrierefrei sind. Vor allem bei PDF-Dokumenten ist das häufig nicht der Fall, weil sie nicht so strukturiert sind, dass sie von Bildschirmleseprogrammen und anderen Assistenztechnologien für Menschen mit Beeinträchtigungen leicht gelesen werden können.
Um sicherzustellen, dass PDF-Dokumente nach PDF/UA-Konformität barrierefrei sind, sollten sie so erstellt werden, dass sie von Assistenztechnologien interpretiert werden können, dazu zählt unter anderem, dass inhaltlich relevante Bilder und Grafiken (mit Ausnahme von Schmuckgrafiken) beschrieben und Überschriften entsprechend markiert werden.
Im Anschluss nach der PDF-Erstellung muss das Dokument dann noch vertagt werden.
Sie können Ihre PDF-Dokumente z.B. mit dem kostenlosen Tool PDF Accessibility Checker auf Barrierefreiheit prüfen. So können Sie schnell feststellen, ob das PDF Dokument Barrieren enthält. Für tiefergehende Analysen braucht man allerdings mehr Know-how oder Unterstützung von Experten.
Der Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund sollte so gewählt sein, dass der Text leicht lesbar ist und von Menschen mit Sehbehinderungen gut erkannt werden kann. Teilweise dienen Farben dazu, Informationen zu vermitteln, beispielsweise durch verschiedene farbige Kurven in einer Grafik. Diese Informationen sind für blinde oder farbfehlsichtige Benutzer nicht zugänglich.
Darüber hinaus sind gute Kontraste nicht nur für seheingeschränkten Menschen hilfreich, sondern es profitieren alle davon, durch ausreichend Kontraste Informationen schnell und einfach erfassen zu können.
Wie wird das umgesetzt?
Achten Sie zum einen darauf, Informationen nicht nur über Farben zu vermitteln und zum anderen, dass überall ausreichende Kontraste zwischen Vorder- und Hintergrund vorhanden sind.
Über das kostenlose Tool Colour Contrast Analyser können Sie die Qualität von Kontrasten überprüfen. Das Kontrastverhältnis zwischen Vorder- und Hintergrund sollte dabei über 4,5:1 liegen.
Nach den Anforderungen der BITV, müssen Webredakteure leicht verständliche Texte für den Webauftritt verwenden, die für alle Nutzer zugänglich sind, einschließlich Menschen mit Lernschwierigkeiten oder kognitiven Beeinträchtigungen.
Wie wird das umgesetzt?
Zu den wichtigsten Anforderungen zählen:
- Kurze und klare Sätze
- Inhaltlich folgerichtiger Aufbau des Textes
- Verwendung von einfachen und bekannten Wörtern
- Vermeidung von Abkürzungen und Fremdwörtern
- Strukturierung des Textes durch Absätze, Überschriften und Listen
- Unterstützung des Textes durch Bilder und Grafiken.
Insgesamt geht es bei der Umsetzung der leicht verständlichen Sprache darum, Informationen so aufzubereiten, dass sie für alle Nutzerinnen und Nutzer verständlich sind, unabhängig von ihrem Bildungsstand oder ihrer sprachlichen Kompetenz.
Durch die Einhaltung dieser Prinzipien und Techniken kann man sicherstellen, dass Webinhalte barrierefrei und für alle Benutzer zugänglich und nutzbar sind.
Welche Konsequenzen drohen, wenn öffentliche Stellen kein barrierefreies Webdesign umgesetzt haben?
Wenn öffentliche Stellen keine barrierefreie Website haben, können verschiedene Konsequenzen drohen. Zum einen können betroffene Nutzerinnen und Nutzer Beschwerden bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einreichen. Diese ist dann verpflichtet, den Vorwurf der mangelnden Barrierefreiheit zu prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen einzuleiten.
Zum anderen können öffentliche Stellen bei einer fehlenden Barrierefreiheit auch juristisch belangt werden. Beispielsweise können Menschen mit Beeinträchtigungen, die aufgrund einer mangelnden Barrierefreiheit benachteiligt werden, Schadensersatzforderungen stellen oder Klagen einreichen.
Darüber hinaus können öffentliche Stellen auch mit Sanktionen belegt werden. So können sie beispielsweise bei wiederholten Verstößen gegen die BITV, Bußgelder oder Zwangsgelder auferlegt bekommen. In schwerwiegenden Fällen können auch strafrechtliche Konsequenzen drohen.
FAZIT
Allen voran verhindert die Einhaltung der BITV-Anforderungen mögliche Sanktionen für die Webseitenbetreiber. Darüber hinaus führt die digitale Barrierefreiheit dazu, dass öffentliche Websites und mobile Anwendungen für alle Benutzer zugänglich sind und eine Nutzerfreundlichkeit für alle User gegeben ist.
Webredakteure sollten daher sicherstellen, dass sie die Anforderungen der Verordnung verstehen und bei der Erstellung und Verwaltung von Inhalten berücksichtigen.
Wie wir Ihr Unternehmen rund um das Thema BITV und barrierefreie Websites unterstützen können:
- Wir bietet Ihnen eine umfassende Beratung zu den Anforderungen und Richtlinien der BITV und fühen eine Barrierefreiheitsanalyse Ihrer bestehenden Webseite durch, um mögliche Schwachstellen zu identifizieren.
- Gern unterstützen wir Sie bei der Neugestaltung oder Anpassung Ihrer Webseite, um die Anforderungen der BITV zu erfüllen. Dies umfasst die Gestaltung einer benutzerfreundlichen und barrierefreien Benutzeroberfläche sowie die Implementierung von barrierefreien Techniken und Funktionen. Darüber hinaus können wir Sie bei Erstellung barrierefreier Inhalte unterstützen.
- In Schulungen und Workshops können wir das Bewusstsein für Barrierefreiheit schärfen und das Wissen über die Umsetzung barrierefreier Webseiten nach BITV vermitteln. Dies kann dazu beitragen, dass Ihre Organisation langfristig barrierefreie Standards einhält.
- Wenn gewünscht, können wir Ihnen auch bei der Erlangung eines offiziellen Barrierefreiheitszertifikats für Ihre Webseite helfen. Dies kann Ihre Bemühungen zur Schaffung einer barrierefreien Online-Präsenz offiziell bestätigen.
Haben Sie weitere Fragen?
Oliver Parrizas steht Ihnen für Ihre Fragen zum Thema gerne zur Verfügung.
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